Dienstag, 25. November 2008

Yoga


Dreimal in der Woche geh ich in die Yogastunde zu Claudia mit der roten Mähne, in die Stunden für Schwangere und Senioren, alles andere ist zu schwierig, hab´s ausprobiert. Claudia hat ihre Yogalehrer-Ausbildung in Berlin gemacht, kann also auch einer begriffstutzigen Deutschen erklären um welche Bewegung es geht. Sie lehrt nach Iyengar, einem Yogameister der über Yehudi Menuhin nach Europa kam, und der Hilfsmittel wie Kissen, Stühle, Holzblöcke verwendete. Da sind etwa 10 Frauen im Studio, Männer lassen sich höchstens einmal versuchsweise blicken, die sich eine Stunde lang plagen, sich dehnen, strecken, recken, Muskeln, von deren Existenz sie nichts wussten, anspannen, entspannen und wieder anspannen. Kein Säuselyoga, ziemlich anstrengend. Ihr seid herzlich eingeladen!

Ambulanter Handel

Da steigt man in die Micro, das ist ein Stadtbus, und fährt, wie schon öfter beschrieben mit einem Vaterunser durch Vina. Der Bus hält, ein Herr im Anzug betritt den Bus, zahlt nicht, zückt eine Handvoll Kugelschreiber und klärt mit leiriger Stimme darüber auf, warum wir jetzt alle diesen besonders guten, besonders billigen Kugelschreiber kaufen müssen. An der nächsten Haltestelle steigt er wieder aus, ohne was verkauft zu haben. Dann kommt der Eisverkäufer, Styroporbox mit Zeitschriftpapier beklebt, gefüllt mit Steckerleis, er verkauft ganz gut, denn die Sonne scheint. Jetzt kommt der Mann, der mit Stiften gegen Juckreiz handelt, viel billiger als in der Apotheke, noch günstiger, wenn man gleich fünf kauft, bei den vielen Flöhen... Eine Dame fährt mit dem Fahrrad langsam durch die Straßen und verkauft aus einer großen Thermoskanne Neskaffee , dazu belegte Brote. In unserer Strasse sitzt von Dienstag bis Freitag ein Händler, der immer zwei Obstkisten dabei hat, je nach Saison gefüllt mit Tüten mit Erdbeeren, Kirschen, Papayas, Paltas. Es ist nicht so klar wieviel jede Tüte wiegt. Wenn er mich sieht, winkt er heftig, seine Aussprache verstehe ich immer noch nicht, er wiederholt jeden Satz gerne dreimal, wenn ich dafür etwas kaufe. An der Bushaltestelle sitzt ein Mann mit einem großen Holzkorb und bietet jeden Abend den Erschöpften süßes Gebäck an. Auf dem Grünstreifen hat sich ein Händlerchen niedergelassen, der sehr praktische Holzsachen dabei hat. Buttermesser, Zitronenpressen, Mörser, Nudelwalker. Alles ist sichtlich mit Maschinen gemacht, um den Anschein von Handarbeit zu wecken schleift er ein bisschen an den Sachen rum. Die Auzählung lässt sich beliebig erweitern, der blinde Brothändler, dieFrau, die mit Enthusiasmus chinesiche Pflaster verkauft, der Pflanzenverkäufer mit drei Pflänzchen, die Frau mit dem Rosenquarz, die Grenze zumBetteln ist fließend.

Sonntag, 2. November 2008

Zweiter Sonntag der Sommersaison

Weil es in Santiago heuer viel wärmer ist als letztes Jahr, hat sich die V. Region entschlossen die Strände früher zu eröffnen. Wegen des langen Wochenendes von Allerheiligen war alles schon letztes Wochenende fertig, bloß leider leider hat der Humboldtstrom oder was weiß ich dafür gesorgt, dass fast den ganzen Tag Hochnebel war. Doch heute schien die Sonne vom blauen Himmel und ich habe mich schon früh an die Küste geschlichen, früh heißt hier so um 10. Nur Jogger und Radler waren unterwegs, und Polizisten, die die Küstenstrasse bewacht haben wegen irgendeines Wettkampfs. Die Zeitungskiosker haben gerade geöffnet, die Kutscher zwinkern noch ziemlich müde, der Eisverkäufer drapiert seine Bude, die kleinen Pferde für´s Kinderreiten stinken vor sich hin, die Kettcars stehen in Reih und Glied und warten auf Kinder , die vierrädrigen Rikschas, mir ist keine bessere Bezeichnung eingefallen, stehen auch rum. Ausserdem gibt es Stände mit fürchterlichem Plastikspielzeug. Mit meiner Zeitung setz ich mich in´s Café und schau auf´s Meer, auf die Brandung, seh ein riesiges Schiff im Humboldtnebel, das beim Näherkommen nicht mehr so groß ist, vielleicht mit Herrn Turtur verwandt. Inzwischen schwitzen die ersten Wettkämpfer vorbei. Väter mit ihren Kindern kommen und verspeisen riesige Portionen Eis,gebotoxte Damen führen frisch friseurte Pudel aus, die Handlesevetteln beginnen ihr touristenangehendes Tagwerk. Der beste aller Ehemänner kommt,und trinkt auch seinen Cortado.

Montevideo, eine gemächliche Stadt



1,32 Millionen Einwohner hat die Stadt, in der ich mich als Luxusfrau, als begleitende Ehefrau, fast eine Woche herumgetrieben habe. Bernhard hatte eine Fortbildung. Ich wusste nicht mal genau wo sie liegt, diese Stadt, und wie schön sie liegt, am Rio de la Plata. Ihr erinnert euch an das Stück von Curt Goetz "das Haus in Montevideo"? Solche Vorkenntnisse hatte ich auch. Montevideo war in Europa berühmt, weil die damals reichen Landbesitzer sich in den Casinos in Europa die Zeit vertrieben, solange in Uruguay Winter war, und ihre Einkünfte verspielten. Man kommt an und staunt wie klein der Flughafen ist, wie ländlich. Die Taxifahrt in´s Hotel führt am Rio de la Plata entlang, der hier so breit ist, dass die Uruguayos ihn Mar nennen. Das Taxi fährt nicht sehr schnell, und so hat man Zeit die Silhouette der Stadt zu betrachten. Beim ersten Spaziergang durch die Stadt fällt uns auf, dass hier nix schnell geht, alles einen entspannten Eindruck macht. Vielleicht liegt es am Mate. Jeder Dritte wandert durch die Stadt mit einer Thermosflasche unter dem Arm und einer Kalebasse mit Bombilla in der Hand und nuckelt an seinem Tee. Manche haben eine schöne , schwere lederne Umhängetasche, in die Thermosflasche und Kalebasse genau rein passen. Siehe "Mate" in Wikipedia.
Seit einer Woche streikt die Müllabfuhr, das tut keiner Stadt gut. In Montevideo gibt es jedoch eine Art Mülltrennung, die die Streikauswirkung mildert. Den ganzen Tag fahren wild aussehende Gesellen mit Pferdewägelchen duch die Stadt und sammeln Plastik jeder Art. Im Lauf des Tages nehmen die Wagen unglaubliche Dimensionen an. Ich weiß schon liebe C. Du hättest jetzt gerne ein Photo, aber ich hab einfach immer keine Lust zum photographieren.
Damit ihr euch nicht langweilt nur noch ein bisschen was. Uruguay hat keine Erdbeben, also halten alte Häuser besser. Damit Ihr Euch nicht langweilt nur noch ein klein bisschen: Es gibt viele schöne alte Häuser, Jugendstil, Bauhaus, Modernisme, Pseudoklassizismus, die meisten renovierungsbedürftig. Wir haben eine Krypta angesehen, alle Wände beschrieben mit Bitten an den Heiligen des jeweiligen Seitenschiffs, die gesammelte Verzweiflung. Wir waren im Theater, im Teatro Solis, einem Theater für die Bürger, mit Preisen für die Bürger, in einer Arturo Ui-Aufführung, tolle Farben, tolle Masken. Viele Menschen haben gefragt woher wir kommen, viele kennen Europa, sogar Deutschland.