Das ist ein Tag sag ich Euch, davonkan ein leidgeprüfter bayerischer Lehrer nur träumen!!! Du kommst morgens in die Schule, um 7 Uhr wie immer, das wissen die aufmerksamen Leser ja schon, und da denkst du , du bist im Fasching: alles ist mit Luftballons und Luftschlangen geschmückt, die Tische sind voll von Bonbons und Süßigkeiten, vor meinem Büro klebt die Gabe in Seidenpapier gehüllt ,und alles überragt ein großes gemaltes Plakat, auf dem die SMV im Namen aller Schüler ihre Dankbarkeit und ihr Mitleid ausdrückt mit unserer ach so schweren Erziehungsarbeit an ihnen, denen wir nicht nur pädagogische Vorbilder, sondern Bildungsmittler und Freunde für´s Leben unter aufopferungsvollem Einsatz für die Verwirklichung der Träume der kommenden Generation sind. So oder so ähnlich hört sich das nicht nur in der Übersetzung an. Ich hab mich kaum satt gesehen, da geht es auch schon los: die ersten Kolleginnen trudeln ein und fallen mir um den Hals, (s. o. Tag der Deutschen Einheit, die Dinge wiederholen sich)!!! "Feliz día de Profesor!" , was ich mit dem üblichen hingehauchten schmatzigen Wangenkuss und einem "Igualmente!" beantworte. Während ich in mein Büro flüchte, höre ich die reich modulierenden Damenstimmen ihren Chor aus "Ay que lindo!, Son unos angeles, mis alumnos! Ay que bonito!" etc, singen. Mit der Ankunft der ersten Kollegen und der ersten Schüler wird es nicht anders, nur unübersichtlicher: jetzt werden Blumensträuße und kleine Geschenke gebracht und mit dem obigen Zeremoniell und Kommentaren übergeben, dekoriert mit ein bisschen Weinen vor Rührung. Klar, dass unter solchen Umständen der Unterricht nicht gleich beginnen kann. Der nächste Akt findet in den Klassen statt, wo in den ersten 15 Minuten die geliebten Profesores-Jefe von der Klassengemeinschaft ihre Ehrengaben erhalten.
Für mich spielt sich der nächste Akt in der Pause ab, Auftritt des CGPA, des Elternbeirats, der mit Hilfskräften große Torten und eine riesige Kiste in´s Lehrerzimmer schleppt. Eine schwungvolle Rede des Elternbeiratsvorsitzenden rankt sich um die Kernbegriffe Liebe, Verantwortung, schwere Arbeit und Verpflichtung, oder, war es schöner Dienst, gemeinsame Aufgabe, Zukunft, jedenfalls hat´s zum ersten Mal geläutet als die große Kiste in die Rede einbezogen wird. An der Tür werden derweil weitere Ehrengaben von Schülern abgewehrt/ angenommen . Große Sensation: die Kiste enthält das Geschenk der dankbaren Elternschaft an die hingebungsvoll arbeitenden Lehrer, eine Kaffeemaschine, damit der Einsatz nicht nachlassen möge und die Verschnarchten vielleicht doch noch auf Zack kommen. (Zweiter Gong!) Es folgen Gegenrede, Dankrede und dann Feuer frei auf Kaffee, immer noch, nee, jetzt wieder Nescafé und Kuchen. Auch vom Jefe de la mantención = der Oberhausmeister bekommen wir eine wunderbare auf blauem Papier gedruckte Eloge auf unser bedeutendes Tun überreicht.
Nach der vierten Stunde ist Unterrichtsschluss, und Schüler wie Lehrer stürmen die Busse, nur, dass unsere uns zum Betriebsausflug nach Quilpue in den Parque Naturalia bringen. Das schreibt sich so leicht, aber dahinter verbirgt sich eine abenteuerliche Fahrt von 20 Kilometern zu einem Fundo, den keiner von den im Bus fahrenden zu lokalisieren weiß, ebenso wenig wie die autochthone Bevölkerung draussen. Das mitgeführte Google-Luftbild hilft wenig weiter. Nach Überquerung einer Bohlenbrücke, Wende über eine Verkehrsinsel, Aufsitzen des Buses, haben wir es dann doch geschafft und finden uns in einer pristinen Natur, nahe an der Stadt und doch so fernab zwischen Weinbergen und Hügeln. Hier kann man auf Grills und Bohlenbänken Picknick machen, im Schwimmteich baden, wandern, rumflacken, Wein und Schampus degustieren oder - singen : unsere Damen haben Gitarren dabei, und ein Lied jagt das andere. Derweil baut der Caterer sein Essen auf und grillt munter drauf los und schafft es, 120 Leute hier in der Prärie mit allem zu versorgen: Pisco und Bier und Obstsäfte zum Auftakt, dann ein Choripan, als plato de fondo geräuchertes Schweinefleisch mit Salaten, Sauerkraut, Kartoffeln, Huhn und dazu vino, hinterher Torte und Kaffee. Da man das alles ohne Bewegung nicht schafft, gehen wenige spazieren, viele tanzen, denn man hat eine 5-köpfige kolumbianische Band engagiert, die sich was von der Seele trommelt. Da geht die Dekoration für 10-, 20-,30-,jährige Mitgliedschaft im Kollegium fast unter. Wir tanzen, singen, trinken, schwitzen und schwuppdich, schon bringt ein Bus die erste Gruppe zurück. Wie ich am gleichen Abend das Chorkonzert in Vina noch geschafft habe, weiß ich nicht- noch weniger den Tag danach. Feliz profesor!
Samstag, 18. Oktober 2008
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